Galaktisches Zentrum und Pluto im Nakshatra Mula

Die weltweiten Probleme der vergangenen Jahre, insbesondere seit 2001, bringen wir gerne mit dem Durchgang Plutos durch das tropische Zeichen Schütze in Verbindung. Siderisch befindet sich Pluto jedoch seit dem 4. Oktober 1993 bis Dezember 2005 im Transformationszeichen Skorpion. Am 08.02.2005 wird er zum ersten Mal in den siderischen Schützen und das Nakshatra Mula wechseln.

Pluto symbolisiert die spirituelle Fähigkeit im Menschen, alles nicht Wesensgemäße, d.h. Masken, Schein-Ich-Formen und falsche Vorstellungen zu zerstören, um dem wahren inneren Wesen Platz und Ausdrucksmöglichkeiten zu verschaffen. Er zerstört äußere Formen, damit das „Wesentliche“ (oder auch die perfekteste „Vorstellung“ davon im Sinne eines Leitbildes) zum Ausdruck gebracht werden kann.

Ende März 2006 wird Pluto sich dem Galaktischen Zentrum bis auf 10 Bogenminuten nähern und rückläufig werden. Am 29. Dezember 2006 wird er die exakte Position des GZ erreichen, das sich tropisch dann auf 26°56’ Schütze bzw. auf 2°59’ Schütze siderisch befindet.

Das Galaktische Zentrum können wir als eine Art Supersonne unserer Milchstraße sehen, es ist ein Zentrum mit intensiven anziehenden/einsaugenden und gleichzeitig ausstrahlenden Kräften. Die Physik vermutet ein schwarzes Loch. Es verbindet alle einzelnen Sternen und Sternensysteme unserer Galaxie zu einem sinnvollen Ganzen: die Milchstraße.

Mula

0°00’ – 13°20’ Schütze siderisch = ca. 23°55’ Schütze – 07°15’ Steinbock tropisch

Mula bedeutet Wurzel, fest verankert, Basis, Fundament, Grund, Ursprung, Beginn.

Den Dingen auf den Grund gehen; die Illusion des Relativen durchschauen und auf die wesentliche, unvergängliche Ebene des Lebens gehen, tiefe Einsichten gewinnen; im Relativen Unglück, Not und Elend erfahren, um auf die wesentlichen Werte des Lebens zu kommen; den Äußerlichkeiten und dem Materiellen entsagen (müssen); aufbrausend bis zerstörerisch.

(aus Bepin Behari: Myths and Symbols of Vedic Astrology, meine freie und holprige Übersetzung)

Mula erstreckt sich von 240°00’ bis 253°00’ im Zodiak und markiert den Beginn des von Jupiter beherrschten Schützen. Dieses Zeichen transformiert den tierischen Menschen zum nach dem Höchsten strebenden spirituellen Wesen. Die Konstellation wird dem Schattenplaneten Ketu (absteigender Mondknoten) zugeordnet, der ebenfalls Spiritualität erzeugt. Mula markiert auch den Punkt, an dem das Galaktische Zentrum den Zodiak kreuzt, was ebenfalls dessen spirituellen Einfluss betont. Die spirituellen Auswirkungen dieses Mondhauses werden weiterhin durch die ihm zugeordneten Symbole eines Elephantentreiberstocks und eines Löwenschwanzes angezeigt.

Die herrschende Gottheit von Mula ist Niritti, die Göttin der Zerstörung oder Verneinung. Mula selbst bedeutet „Wurzel“. Es beschreibt das Ende des Materialismus und den Beginn des Spiritualisierungsprozess im Menschen. Sein grundlegendes Attribut ist Sattva, Harmonie, während es auf der zweiten und dritten Ebene über Rajas, Aktivität, verfügt. Seine hauptsächliche Motivation ist Kama oder Begierde.

Niritti ist eine Dämonin, eine Personifikation des Todes. Das Wort Mula bezieht sich auf Ravana und Kamsa, die beiden mächtigen Dämonenkönige der indischen Epen „Ramayana“ und „Mahabharata“. Den schreckliche Einfluss dieser Konstellation können wir verstehen, wenn wir den von diesen Dämonen ausgeübten Terror näher untersuchen, der Männer und Frauen dazu zu zwingt, ihre Wesen zu verändern. Ravana war ein gottesfürchtiger und mächtiger König, hineingeboren in die höchste Klasse. Er übte strengste Buße, gefiel Shiva und empfing so die allerwertvollsten Geschenke von ihm. Aber seine Tapferkeit und seine reichhaltigen materiellen Errungenschaften machten ihn so machttrunken, dass sein Egoismus einen Kulminationspunkt erreichte. Er entführte die Frau Ramas, Vishnus Inkarnation auf der Erde. Rama zerstörte ihn, doch der Tod durch die Pfeile Ramas, eines großen Avatars, brachte Ravana in höchste himmlische Reiche.

Ravanas Geschichte ähnelt der Geschichte von König Kamsa, der von einer anderen Inkarnation Vishnus, Krishna, getötet wurde. Kamsas Geschichte bezieht sich auf die menschliche Feindschaft gegenüber dem Göttlichen. Kamsa hatte eine Schwester, Devaki, die Vasudeva heiratete. Als sich das frisch vermählte Paar seinem Heim näherte, kündigten Engel an, dass ihr achtes Kind ihren Onkel König Kamsa zerstören würde. Kamsa warf das Paar ins Gefängnis, als er von den Engelsstimmen hörte, und tötete ihren Nachwuchs sobald er geboren wurde. Als das achte Kind, Krishna, geboren wurde, wurde dieser mit göttlicher Hilfe in Sicherheit gebracht und wuchs ohne Wissen Kamsas auf. Zufällig erfuhr Kamsa, dass das Kind doch am Leben war und es brach ein Konflikt zwischen ihnen aus. Krishna zerstörte den grausamen König schließlich und die Terrorherrschaft fand ein Ende.

Auch wenn Mula für Kamsa, Ravana oder den König des Todes steht, so steht die Konstellation auch für das Fundament, es weist auf einen Wechsel hin, eine radikale Transformation in der Natur und dem Lebensausdruck. Mit dem Ende des Skorpionimpulses in Jyeshta erreicht die Seele den Höhepunkt materieller Errungenschaften. Was auch immer in ihnen innerlich enthalten sei, die materielle Umhüllung wird verwirklicht. Daher kennt die Ignoranz und der Egoismus des Menschen zu Beginn dieser Konstellation Mula keine Grenzen. Diese tamasische Neigung muss gänzlich ausgelöscht werden, um das Fließen der spirituellen Kräfte zu ermöglichen. Mula rechtfertigt die Rolle als Göttin des Todes, da es solch destruktive Impulse freisetzt. Doch dieser Tod ist verbunden mit dem Zweck, die schlafende spirituelle Energie in der Seele zu erwecken. In diesem Sinne erfüllt die Konstellation ihre Rolle als Fundament für einen neuen Anfang. Sie initiiert die spirituelle Entfaltung. Die Tode von Ravana und Kamsa führten sowohl zur Zerstörung ihres Egoismus als auch zu ihrer persönlichen Rettung, ihrem spirituellen Erwachen. Mula kennzeichnet die Ankunft des spirituellen Erwachens, einer neuen spirituellen Ära und des Herabfließens sattvischer Kräfte.

In diesem Kontext sind die beiden Symbole, der Stock des Elefantentreibers und der Löwenschwanz sehr vielsagend. Der große Elefant ist wie der physische Körper des Menschen dem Mula-Impuls unterworfen. Der Stock wird benutzt, um die Bewegungen des Elefanten zu kontrollieren und in die gewünschte Richtung zu führen. Die vom Stock ausgeübte Kraft ist schmerzhaft. Dieser Schmerz erinnert den Elefanten an den Elefantentreiber und dessen Willen. Mula erzeugt Schmerz, aber der Schmerz beabsichtigt, den Lauf der Handlungen in die richtige Spur zu leiten und uns daran zu erinnern, dass die äußere Natur unachtsam gegenüber der wahren Absicht der Seele geworden ist. Der Elefant ist ein wohltätiges Tier und von großer Hilfe für seinen Besitzer. In gleicher Weise hat der menschliche Körper einen erhabenen Zweck und kann überaus hilfreich für seinen inneren, unsterblichen Herrscher sein.

Der Löwe hat eine ähnliche Bedeutung. Der Löwe ist Symbol des unbezähmbaren Geistes im Menschen. Wenn dieser Geist erwacht ist, ist er in der Lage, sich selbst auf machtvolle Weise zum Ausdruck zu bringen. Wenn er als Wut erscheint, kann er äußerst gefährlich sein. Der Schwanz des Löwen ist sehr empfindsam; wird er bis zu einem gewissen Punkt gestört, wird der Löwe alarmiert und greift den Grund der Störung an, um ihn zu zerstören. Die Geschichten, die sich auf diese Konstellation beziehen, betonen diese Eigenschaft. Ravana wurde wütend, als sich die Lust und Arroganz hinter seiner Entführung Sitas als unethisch herausstellte. Als Kamsa an seine Brutalitäten erinnert wurde, wurde er noch grausamer; das Biest in ihm wurde noch mehr angestachelt. Mula leitet die Seele, indem es Schmerz hervorruft, es schlägt die Seele mit seinem „Elefanten-Stock“ hin auf den Pfad der spirituellen Entfaltung.

Mula wird durch Kama motiviert, der Wunsch nach sinnlichen Freuden. Aufgrund der Verwicklung der Seele in die Materie und die physischen Existenzformen wurde ihr Flehen dringender. Jeglicher Widerstand dagegen verwirrt sie. Wir fühlen uns äußerst gestört, wenn Hindernisse gegen die Erfüllung unserer Begierden erschaffen werden. Doch genau dies geschieht in Mula. Es macht den Einzelnen gewalttätig und grausam. Sein mentales Gleichgewicht ist durcheinander. Die Notwendigkeit seine Leidenschaften zu kontrollieren, natürlich eine mühsame Aufgabe, führt die latente Energie in Richtung spiritueller Entfaltung.

Mula ist männlichen Geschlechts und gehört zu Kaste der Schlachter (Metzger). Seine Männlichkeit bringt seine aktive Qualität zum Ausdruck. Der Einzelne ist nicht sehr aufnehmend, er will handeln und ist begierig sich vorwärts zu bewegen, um die Vorherrschaft zu erlangen. Die Grausamkeit des Schlachters ist typisch für das Mula-Ego, sobald seine Heftigkeit erwacht. Es kann unbarmherzig sein in der Ausübung seiner dämonischen Exzesse. Aber da es als menschlich klassifiziert wird in Bezug auf den zugordneten Tiertypus, bietet es adäquate spirituelle Möglichkeiten, unsere Tierhaftigkeit in Göttlichkeit zu verwandeln. Mulas wichtigste Charakteristik ist die Möglichkeit, die Tierhaftigkeit des Egos in Spiritualität zu verwandeln.

Die verschiedenen Planeten, die mit den Vierteln (Navamshas) dieser Konstellation verbunden sind, enthüllen seine subtileren Einflüsse. Seine vier Viertel werden beherrscht von den schnellaufenden Planeten Mars, Venus, Merkur und Mond, welche eng mit den astralen und mentalen Hüllen verbunden sind. Die verschiedenen Planetenkräfte, die auf den Einzelnen einwirken, sind daher hauptsächlich emotionaler und mentaler Natur. Ein solcher Mensch kann schnell beeindruckt werden, aber die Eindrücke können auch schnell wieder verwischt werden. Ketu als Herrscher der Konstellation macht den Menschen nachdenklich. Der andauernde Einfluss Ketus zielt auf die Spiritualisierung des Individuums. Durch Mulas Position in Schütze, einem vom Jupiter beherrschten Zeichen, arbeitet die Konstellation daran, den Menschen zur Suche nach göttlicher Hilfe zu führen. Wenn der Mensch sich jedoch noch auf den unteren Stufen evolutionären Wachstums befindet, wird sein Besitzinstinkt intensiviert und er wird grausam – fast wie ein Schlachter oder Dämon.

Wir können für die Zeit, da Pluto in das Nakshatra Mula eintritt und sich dem Galaktischen Zentrum nähert, eine Zeit intensiver Transformation vermuten. Die Beschreibungen des Nakshatras lassen intensive Emotionen und Manifestationen von Wut und Auseinandersetzung vermuten, auch von schmerzhaften Erfahrungen, die notwendig sind für eine Kurskorrektur und ein Erwachen der spirituellen Kräfte in der Welt, eine Neuausrichtung der Menschen auf das Wesentliche und Zentrale (= Galaktisches Zentrum).

© B. Braun (08.08.2004)

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