Das Krishnamurti System –
eine Symbiose aus westlicher und östlicher Astrologie
von Ilona Hellmann, Heilpraktikerin
So wie sich einigen westlichen Astrologen die Nackenhaare sträuben, wenn man den siderischen Tierkreis erwähnt oder gar die indische Astrologie, so bilden sich bei manchen traditionellen indischen Astrologen Schweißperlen auf der Stirn, wenn man das Krishnamurti-Padhdhatisystem (kurz „KP“ genannt) anspricht.
Man könnte KP mit einer winzigen Nische im Korallenriff vergleichen und Sie werden sich zu recht fragen, warum der Meridian sich so eines speziellen Themas überhaupt angenommen hat.
Lassen Sie mich diese Methode und ihren Ursprung daher kurz vorstellen:
Prof. K.S. Krishnamurti wurde am 1. Nov. 1908 um 12:11 mittags in Thiru Vaiyyar (10N48 79E09) Tanjore District in Indien geboren. Sein siderischer Aszendent liegt bei 11° Steinbock.
Als Astrologe fand Prof. Krishnamurti es höchstbedauerlich, daß viele Vorhersagen nach dem traditionellen indischen System versagten und darüber hinaus Horoskope anhand der unterschiedlichsten Ephemeriden völlig falsch berechnet wurden. So kam es vor, daß ein Klient am Ende genauso viele verschiedene Vorhersagen besaß, wie er Astrologen konsultiert hatte…
Bestärkt durch sein tiefes Vertrauen in die Astrologie selbst, begann Krishnamurti nach den Ursachen dieser Mißerfolge zu forschen und eine Methode zu entwickeln, mit der man nahezu 100% korrekte Vorhersagen treffen kann. Dazu gehörte vor allem eine zuverlässige Ephemeride. Krishnamurti benutzte die bekannte Raphael-Ephemeride. Für die siderische Umwandlung der Planetenstände entwickelte er seine eigene Berechnung, Krishnamurti Ayanamsha genannt. Es ist knapp 6 Minuten „kürzer“ als das in Indien übliche Lahiri Ayanamsha.
Im Laufe seiner Untersuchungen kam Krishnamurti mit der westlichen Astrologie in Kontakt und kombinierte bestimmte Anteile davon mit denjenigen Methoden der traditionellen indischen Astrologie, die sich ihm gut bewährt hatten.
Insbesondere das Placidushäusermodell -allerdings genau wie die Planeten siderisch berechnet- ist eine der tragenden Säulen des KP Systems, da es genaue zeitliche Prognosen ermöglicht. Die Positionen der Häuserspitzen, also die Grade der einzelnen Häuser und ihr Sitz in den weiter unten erklärten Nakshatras spielen bei Vorhersagen eine Hauptrolle.
Darüberhinaus integrierte Krishnamurti auch die westlichen Aspekte. Er notierte sogar die äußeren Planeten Uranus, Neptun und Pluto, jedoch werden sie nicht in den weiter unten angeführten Mondhäusern und deren Unterabteilungen berücksichtigt. Selbst einige arabische Punkte, wie z.B. den sich besonders schnell ändernden Pars Fortuna (Glückspunkt) benutzte er für seine Methode, die er im Laufe der nächsten 40 Jahre in unzähligen Versuchen immer wieder überprüfte und modifizierte. Schließlich war er in der Lage, beispielsweise die Ankunft eines Freundes oder eines Briefes auf die Minute genau vorherzusagen.
Zweiter Pfeiler des Fundaments sind die 27 Mondhäuser, indisch Nakshatras genannt, von denen inzwischen viele westliche Astrologen gehört oder mit denen sie sich sogar schon näher beschäftigt haben. Man bezeichnet Nakshatras auch als lunar constellations. Ein Nakshatra von 13°20 entspricht in etwa der Strecke, die vom Mond täglich zurückgelegt wird. Die Nakshatras geben in eimen Horoskop Auskunft über Art und Charakter von Ereignissen.
Krishnamurti nahm eine weitere Aufteilung jedes einzelnen Mondhauses in 9 Unterabschnitte nach dem Schlüssel des weiter unten beschriebenen Vimshottary Dasha Systems vor. Somit erhält jedes Mondhaus 9 feinere innere Kammern, die man im KP System „subs“ nennt. Jeder der 9 Planeten bekommt nach einer bestimmten Systematik eines dieser Felder zugeteilt und wird damit zum Unterherrscher, dem sublord. Wie in der Politik werden diese „Unterhändler“ zum entscheidenden Faktor eines Geschehens, indem sie darüber bestimmen, ob ein Ereignis gut oder ungünstig ausgeht. Vor allem diese feine Staffelung verhilft dem System zu seinen verblüffenden zeitlich korrekten Vorhersagen.
Mit dem Vimshottary Dasha System behielt Krishnamurti eine tragende Säule aus der indischen Astrologie bei: Man muß sich dieses Dashasystem wie ein endloses Zeitband vorstellen, das sich alle 120 Jahre wiederholt. Nach einem uralten und speziellen Schlüssel werden die Planeten Ketu (südlicher Mondknoten), Venus, Sonne, Mond, Mars, Rahu (nördlicher Mondknoten), Jupiter, Saturn und Merkur dieser Skala zugeordnet. Die Position des Mondes zur Geburt bestimmt, an welcher Stelle man in diese Zeitleiste „einsteigt“. Dadurch werden immer nur ganz bestimmte Lebensbereiche während einer Dashaperiode im Scheinwerferlicht stehen.
Ein kurzes Beispiel soll das verdeutlichen: Angenommen, ein Mädchenbaby mit Krebsaszendent würde im letzten Abschnitt der 16 Jahre währenden Jupiterperiode geboren und irgendwann im Keinkindalter in die 18 Jahre dauernde Saturnphase wechseln. Wir beobachten, daß dieses Kind in den Jahren der Jupiterphase recht pummelig ist, da Jupiter für Krebsaszendenten auch über das sechste Haus der Ernährung herrscht. Nach dem Wechsel zum Saturndasha wird das fröhliche Kleinkind dann zusehends ernster, dünner und blasser, ja sogar blutarm und in der Pubertät kommen Periodenstörungen hinzu, da Saturn für Krebsaszendenten auch das 8. Haus (Geschlechtsorgane) regiert.
Jeder Dasha-Wechsel wirkt sich also entscheidend auf bestimme Lebensbereiche eines Menschen aus und kann erklären, warum sich eine Person „plötzlich so verändert“ oder warum ihr Leben eine so schicksalhafte Wende nimmt.
Mit dem KP System erhalten wir ein Werkzeug um tiefer, wie mit einer Lupe in die Horoskope hineinzusehen.
Durch Kombination der drei tragenden Säulen: Placidushäuser, Nakshatras mit ihren „constellations“ und „subs“ und dem Vimshottary Dasa System kann man differenzierte Aussagen treffen und z.B. den unterschiedlichen Lebenslauf eineiiger Zwillinge erklären.
Nimmt man die Transite dazu und untersucht, durch welche Nakshatras die Planeten gerade laufen und welche Häuser dadurch tangiert werden, kann man vorhersagen, wie sich ein Ereignis entwickeln wird und wann Änderungen zu erwarten sind.
Computer nehmen uns heutzutage die langwierige Berechnung dieser Spezialhoroskope mit ihren „subs“ zum Glück ab und es gibt mittlerweile gute Programme sowie die Möglichkeit, sich ein KP Horoskop kostenlos im Internet berechnen zu lassen.
Die Vorhersagen „as per KP“, wie die Inder sagen, können alle Lebensbereiche ansprechen, wie berufliche Veränderungen, Heirat, Geburt eines Kindes oder die Genesung von einer Krankheit.
Eine besondere Spezialität sind dabei die Stundenhoroskope -Horas genannt-, denn nicht immer liegen uns Astrologen die genauen Geburtsdaten vor. In der Feinheit des KP-Sytems liegt sozusagen auch seine Schwäche, da sich mit einer um nur wenige Minuten veränderten Geburtszeit die „subs“ und die Häuserspitzen ebenfalls ändern und schlimmstenfalls zu völlig anderen Einschätzungen führen. In allen Fällen unklarer Geburtsdaten werden KP Astrologen daher ein Hora am Ort der Berechnung für die jeweilige Frage erstellen und ihre Aussagen diesem Stundenhoroskop entnehmen.
Kürzlich habe ich aus aktuellem Anlaß am 16.9.2004 um 17:06:13PM in Boppard ein KP-Hora für das siamesische Zwillingsmädchen Lea gemacht und gefragt, ob sie zumindest den nächsten Monat überleben wird. Ich habe eine ermutigende Antwort bekommen, obwohl die Gefahr ebenfalls deutlich in diesem Stundenhoroskop zu erkennen ist, wie Sie anhand der oben genannten Daten selbst nachvollziehen können.
Da es zur Zeit leider noch keine Literatur in deutscher Sprache gibt, sollte man über gute Englischkenntnisse verfügen. In Krishnamurtis 6 Büchern (den sogenannten „KP readers“ in englischer Sprache) lassen sich viele weitere Beispiele finden und nacharbeiten. Ein Fall berichtet z.B. davon, wie Krishnamurtis Studenten auf die Minute genau berechnet haben, wann nach einem Stromausfall die Elektrizität wieder fließen würde
Nach meiner Meinung ist die KP Methode vor allem für aufgeschlossene und detektivisch veranlagte Astrologen geeignet, die nach einem Weg suchen, um zu plausiblen und nachvollziehbaren Ergebnissen und Vorhersagen zu kommen. Das System wird für diejenigen Kollegen ein Gewinn sein, die sich vom „könnte“ oder „dürfte“ in ihren Vorhersagen lösen wollen und bereit sind über den Tellerrand zu schauen.
Ilona Hellmann
Heilpraktikerin
Boppard
Dieser Artikel erschien im Meridian 3/2005